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Berlin 1945:
Ende und Wiederaufbau der Post

Anhand von bisher unbekannten postalischen Verfügungen, Berichten und Aufzeichnungen der Postämter vermittelt der Autor ein lückenloses Bild von der Postgeschichte Berlins 1945 bis zur Aufnahme des Interzonen-Postverkehrs. Detailliert wird die Einflußnahme der Besatzungsmächte auf den Wiederaufbau des Postbetriebs beschrieben, zuerst zwei Monate lang unter der Alleinherrschaft der Sowjets und anschließend unter dem Diktat der alliierten Kommandanturbefehle. Das Werk dokumentiert den Stand der Forschung. Zwangsläufig werden bisherige Erkenntnisse und Daten in der philatelistischen Literatur korrigiert.

Zerstörte Transportmittel führten zur Einsetzung von Verfügungsstafetten, mit denen die neue Magistratspost anfangs auch die genehmigten Dienstbriefe des Magistrats und der Bezirksämter beförderte. Mit der Zulassung des Zahlungsverkehrs kamen die Briefstafetten hinzu. Ein Ärgernis für die Post war die sowjetische Zensur, die die Beförderungszeit der Briefe zusätzlich verlängerte. Privatbriefe blieben vorerst strikt untersagt. Dieses Verbot wurde aber von den am Stadtrand gelegenen "Postinseln" Grünau, Wannsee und Pankow unterlaufen. Ihnen verdanken die Philatelisten gesuchte Belege. Als der Briefverkehr Anfang August endlich eröffnet wurde, gab es bald wieder empfindliche Rückschläge. Es kam schon kein einheitlicher Eröffnungstag zustande. Die Arbeit der Post litt darunter, daß die Besatzungsmächte in ihren eigenen Sektoren unterschiedliche Anordnungen trafen. So war es auch beim Verkauf der AM-Post-Marken und bei der "Briefsperre" ebenso wie zuvor schon bei der Behandlung der von den Kriegsereignissen überrollten Briefsendungen.

Zahlreiche Abbildungen von Bedarfsbriefen dokumentieren die postgeschichtlichen Ereignisse und die postalischen Besonderheiten. Alle bekannt gewordenen Belege aus dem betreffenden Zeitraum sind registriert und meist in tabellarischer Form aufgelistet. Dieser Überblick und die Auktionserlöse für solche Briefe ermöglichten eine aktuelle Preisbewertung. Der Autor weist auch auf auffällige und häufig wiederkehrende Stempelmanipulationen hin, die zum Schutz der Sammler unter dem Stichwort "Brieffälschungen" beschrieben sind.

SA-/SS-Briefe sind Nachkriegsproduktionen
50 Jahre nach der Ankündigung im Amtsblatt der Reichspost bringen die Autoren Licht in das Dunkel um die Herausgabe der beiden letzten Marken des Dritten Reichs in Berlin noch kurz vor dem Kriegsende. Sie weisen nach, daß alle bekannten SA-/SS-Briefe Fälschungen sind. Angesichts früherer vierstelliger Auktionszuschläge für solche vermeintlichen Spätestbelege vor dem Zusammenbruch ist diese Forschungsarbeit eine verdienstvolle Initiative zum Schutz der Sammler.  Die Autoren weisen nach, daß die postalische Beförderung und Zustellung solcher Briefe gar nicht mehr möglich gewesen wäre. Für ihre Beweisführung ziehen sie bisher unbekannte Quellen und Fakten aus den Akten der Post und der Zeitgeschichte heran. Aber schlimmer noch, die Briefe wurden nicht einmal am Schalter vorgelegt. Sie wurden erst nach dem Kriege fabriziert. Dabei machten die Fälscher Fehler, die von den Autoren als Kenner der Berliner Verhältnisse kurz vor dem Kriegsende Punkt für Punkt nachgewiesen werden. Die Auswertung der relevanten Postamtschroniken und philatelistisch unbeeinflußter Bedarfsbelege mit anderen Frankaturen erbrachten hierzu neue Erkenntnisse über die Einstellung des Schalterdienstes und damit des Publikumsverkehrs. Maßgeblich waren auch die Erkenntnisse aus der philatelistischen Stempelkunde. Die Autoren weisen dieselben rückdatierten Poststempel auch auf Brieffälschungen aus anderen beliebten Sammelgebieten nach der Besetzung nach.  Die Forschungsarbeit korrigiert zwangsläufig die bisherige Literatur, die sich maßgeblich auf sogenannte Zeitzeugen abstützt. Es wird nachgewiesen, daß diese Zeitzeugen entweder gar keine sind oder daß sie sich in ihren Erinnerungen irrten. So mancher wollte mit erfindungsreichen Schilderungen nur die eigenen Machwerke gut schreiben. Um einem gefälschten SA-SS-Brief Glaubwürdigkeit zu verschaffen, wurde sogar eine amtliche aber falsche Auskunft der Berliner Senatsverwaltung herbeigeführt. Obwohl sich der Verbandsprüfer Hans-Georg Schlegel auf diese Auskunft stützte, hat er zwei von ihm gegen die Autoren angestrengte Prozesse verloren. Er konnte ihnen die Verbreitung der Broschüre nicht gerichtlich verbieten lassen. Nach der Veröffentlichung dieser Vorgänge kennzeichnete das Prüfbüro Schlegel den betreffenden SA-/SS-Brief als falsch.  Wer bisher an der Echtheit der SA-/SS-Briefe noch zweifelte, nach der Lektüre der Arbeit ist er von dem Schwindel bei diesen Produkten überzeugt.

"Frei durch Ablösung"
Eine Notmaßnahme der Berliner Magistratspost von Juli bis September 1945
Zur Ankurbelung der Einnahmewirtschaft und des städtischen Zahlungsverkehrs durften die Steuerbriefe und Steuerzahlkarten der Finanzämter sowie die Dienstbriefe des Berliner Stadtkontors vom 19. Juni ab endlich wieder bei den Berliner Postämtern eingeliefert werden. Die bekanntesten Steuerbriefe sind die vorgedruckten Formular-Faltbriefe. Sie blieben wie beim Ablösungsverfahren bis zum Kriegsende weiterhin gebührenfrei. Der alte Ablösungsvermerk "Frei durch Ablösung Reich" durfte weiter verwendet werden, nur das Wort "Reich" sollte gestrichen werden.

Wohnte der Empfänger der Sendung nicht im eigenen Zustellbereich des Postamtes, erfolgte die Beförderung mit der Briefstafette. Solche Briefe erzielen auf Auktionen vierstellige Zuschlagspreise. Mit der Aufnahme des Briefverkehrs von Anfang August ab bestand Freimachungszwang mit den Bärenmarken. Die Steuerbriefe aber blieben noch bis zum 20. September gebührenfrei.

In der 1986 erschienenen Arbeit sind die FdA-Briefe beschrieben und anhand ihrer Druckvermerke aus der Zeit nach der Besetzung registriert. Die maßgeblichen Verfügungen der Magistratspost standen dem Autor seinerzeit noch nicht zur Verfügung. Sie bestätigen aber im Nachhinein die anhand der Beleglage erforschten Zusammenhänge. Heute sind diese Briefe gesuchte Sammlerstücke, die ein wichtiges Kapitel der frühen Berliner Nachkriegsgeschichte dokumentieren.

Auf der PHILIBRI 1987 in Soest, einer Wettbewerbsausstellung für philatelistische Literatur, wurde die Arbeit mit einer Gold-Medaille ausgezeichnet.

Sowjetische regionale Postzensur in Deutschland 1945 bis 1950
Auch die bisher kaum erforschte Wertbriefzensur und Telegrammzensur sind ausführlich abgehandelt. Das umfangreiche Gebiet der in Berlin verwendeten Zensurstempel, Verschlußzettel, Siegelmarken und getarnten Beanstandungsvermerke der Post wird nach den sieben Zensurstellen getrennt erstmals umfassend dargestellt. Wer wußte bisher, daß es von Berlin schon vom Juli 1945 Zensurbelege der Stafettenpost gibt? Über diese und viele andere in dem Werk beschriebene Zensurvermerke ist bisher noch nie etwas publiziert worden. Mit Hilfe des Buches kann der Sammler noch Neuentdeckungen machen. Für die über 100 sowjetischen Zensurstempel, die zwischen den Zensurstellen wechselten, geben die Verfasser erstmals die Verwendungszeiträume für jede Zensurstelle gesondert an und ermöglichen damit eine genaue Zuordnung. Auch die typischen Stempelfarben und die frühesten und spätesten Zensurbelege jeder Zensurstelle sind aufgeführt. Die Autoren bewerten alle Belege aufgrund ihrer langjährigen Marktbeobachtung. Überraschend sind die Preise von so manchen Zensurstellen, denen jetzt nur wenige Belege zugeordnet werden können. Die vielen Abildungen, oft in Originalgröße, und die ins einzelne gehende Beschreibung und Bewertung machen auch dem Sammler das Zurechtfinden leicht, der sich bisher noch wenig oder gar nicht mit diesem spannenden Sammelgebiet befaßt hat. Aufbauend auf einer überzeugenden Definition, was zur Postzensur gehört, beschreiben die Autoren erstmals umfassend alle Aspekte der sowjetischen regionalen Postzensur. Das sind nicht nur die kyrillischen Zensurstempel, sondern auch die zahlreichen bei der Zensur verwendeten Hinweis- und Verschlußzettel, Siegelmarken, Beanstandungs- und Verzögerungsvermerke, z. B. wegen fehlender Absenderangabe, wegen des Verbots von verschlossenen Briefen, Ansichtskarten, Geschäftspost oder deutschen Schriftzeichen. Hier übte die Post im Auftrag der Sowjets die Zensur aus, die sie häufig mit normalen postalischen Bearbeitungsvermerken tarnte. Was mancher Sammler bis jetzt nur vermutete, wird jetzt zur Gewissheit.